Zehn Schritte für 400.000: Forderungskatalog für mehr Wohnraum

Der Plan ist ambitioniert. Die Bundesregierung will Bauen und Wohnen in Deutschland bezahl- bar, klimaneutral, nachhaltig und innovativ gestalten. Mit der Schaffung eines eigenen Ministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) wird die Bedeutung der Immobilienwirtschaft und der Bauindustrie in diesem Prozess des Wandels unterstrichen. Das Kernversprechen lautet: 400.000 neue Wohnungen pro Jahr. Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA), Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), Immobilienverband Deutschland (IVD) und Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) wollen die Bundesregierung bei diesem wichtigen Ziel bestmöglich unterstützen. Sie stehen bereit für einen gemeinsamen Kraftakt.

Der Krieg in der Ukraine erhöht die Anforderungen noch einmal deutlich. Die Ankunft hundert- tausender Flüchtlinge, denen Deutschland Zuflucht bietet, sind eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft – auch für die Bau- und Immobilienwirtschaft. Erhöhte Preise für Baustoffe und Energie sowie wachsende Zinsen verschärfen die Rahmenbedingungen. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes für das zurückliegende Jahr zeigen: In einer deutlich entspannteren internationalen Gesamtlage wurden lediglich 293.393 neue Wohnungen geschaffen. Um das Ziel von 400.000 in einem sensiblen Gesamtumfeld zu erreichen, braucht es also Extra-Anstrengungen. 

ZIA, HDB, IVD und VDIV stehen dafür bereit. Aus Sicht der Verbände ist die Schaffung zusätzlichen Wohnraums ein wichtiger Beitrag zum sozialen Zusammenhalt. Damit im Schulterschluss mit der Bundesregierung der nötige Schub gelingt, braucht es die entschiedene Beseitigung von Hürden. Die Verbände rufen die Bundesregierung gemeinsam auf, zehn Schritte schnellstmöglich anzugehen.

 Die Forderungen: „Zehn Schritte für 400.000“

Planungsverfahren deregulieren Starre Vorgaben zum Milieuschutz sowie lange Baugenehmigungs- und Planungsverfahren bremsen die Baulandentwicklung erheblich. Es werden dringend einfache Baugenehmigungs- und Planverfahren benötigt, um den Bau von mehr Wohnraum zu pushen. Vereinfachte Regeln bedeuten auch eine Entlastung des Personals in den Kommunen. Mehr Flexibilität motiviert Investoren. Denn Experimentierräume setzen Anreize, schnell aktiv zu werden. Die Übergangsregelungen für § 246 Baugesetzbuch sollten wegen der guten Erfahrungen in Regelverfahren überführt werden.

Baukostensteigerungen entgegenwirken Die Preissteigerungen im Bau werden nicht nur durch höhere Kosten für die Rohstoffe, sondern auch durch Probleme bei den Lieferketten hervorgerufen. Die Verbände schlagen vor, einen „Material-Gipfel“ mit der Bauwirtschaft und Projektentwicklern einzuberufen, um Ideen für eine deutliche Verlangsamung des Preisanstiegs zu entwickeln und deren Umsetzung anzustoßen.

Zügig Grundstücke für den Wohnungsbau bereitstellen Eine entscheidende Voraussetzung für den Wohnungsbau sind baureife Grundstücke. Zahlreiche Städte und Gemeinden haben kein Flächenkataster, und so liegen viele ungenutzte Flächen in den Innenstädten noch „im Verborgenen“. Durch die Einführung eines digitalen, transparenten Flächenkatasters und durch Vereinfachung von Vergabeverfahren könnten diese innerstädtischen Flächenpotenziale schnell für dringend benötige Wohnungen genutzt werden.

Steuerliche Anreize schaffen Die vier Verbände regen an, dass Bund und Länder während des Ukrainekrieges steuerliche Verschärfungen – etwa bei der Grunderwerbsteuer – aussetzen, da sie den Wohnungsbau zusätzlich belasten. Gerade in dieser angespannten internationalen Lage braucht es positive Impulse: Zusätzliche Anreizwirkung könnte eine degressive Gebäude-AfA schaffen, welche die zugesagte Erhöhung der linearen Abschreibung ergänzt.

Probleme der Finanzierung verringern Um die Folgen steigender Zinsen, der Taxonomie und Marktverknappungs-Mechanismen abzuschwächen, braucht es einen größeren Kraftakt. Ein „Finanzierungsgipfel“ sollte nach Möglichkeiten suchen, hier Entlastung zu schaffen.

Keine weiteren Verschärfungen im Mietrecht
Die bereits streng regulierten Mieten lassen häufig keinen Spielraum, die rasanten Kostensteigerungen durch allgemeine Inflation auszugleichen. Mietrechtliche Eingriffe verschrecken zudem Investoren, die es aktuell dringender denn je braucht. Der Lösungsansatz: Subjektförderung- – zum Beispiel durch Wohngeld – statt Regulierung der Mieten. Gerade während des Ukrainekrieges sollten weitere Gesetzesverschärfung unterbleiben.

Bauordnungsrecht vereinheitlichen Die Baugenehmigungsverfahren müssen grundsätzlich vereinfacht und vereinheitlicht werden. Dass Bauanträge vollständig digital gestellt werden können, sollte endlich eine Selbstverständlichkeit sein. Unter- schiedliche Vorgaben in 16 Landesbauordnungen verteuern Wohnungsbauvorhaben unnötig, weil sie beispielsweise serielles und modulares Bauen erschweren. Wer zum Beispiel in Hessen eine Baugenehmigung für ein Gebäude im seriellen Wohnungsbau bekommen hat, sollte für das gleiche Vorhaben in Niedersachen keinen neuen aufwendigen Prozess durchlaufen müssen. Serielles und modulares Bauen ist ein wichtiges Instrument, um zusätzliche Kapazitäten am Markt zu schaffen, denn es ermöglicht gleichbleibend hohe Qualität bei kurzer Bauzeit.

Klimaschutz effizient angehen Klimaschutz ist eine Verpflichtung gegenüber kommenden Generationen und genießt zu Recht höchste Priorität. Die Verschärfung der Anforderungen an die Gebäudehülle durch Erhöhung der Effizienzstandards bringt nur geringe Verbesserungen beim Klimaschutz – bei hohen finanziellen Aufwendungen. Wirtschaftlich und ökologisch ist es daher sinnvoller, beim Bauen auf erneuerbare Energien und effiziente Technik zu setzen.

Verlässliche Förderbedingungen schaffen Um den CO2-Ausstoß im Gebäudesektor zu verringern, ist Klarheit bei den staatlichen Fördergeldern ein Muss. Die kurzfristigen Veränderungen der letzten Monate brachten nicht nur erhebliche Unsicherheit, sondern bedeuteten oft auch zeitaufwendige Umplanungen. Die Vorgaben des 2023 startenden Förderprogramms „Klimafreundliches Bauen“ müssen praxistauglich sein – insbesondere bei der Weiterentwicklung des Qualitätssiegels für nachhaltiges Bauen, der Festlegung der Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus von Gebäuden und beim Einsatz moderner nachhaltiger Technik.

Zusammenarbeit verstärken Die Fortsetzung der „Innovationspartnerschaft“ mit der Wohnungswirtschaft, die Im Koalitionsvertrag zugesagt wurde, sollte jetzt zügig gestartet werden.

Quelle: Newsletter Immobilienverband IVD Bundesverband, Die wichtigsten Änderungen 2023 im Überblick, IVD Bundesverband, Littenstr. 10, 10179 Berlin, Redaktion: C. Hegenbarth

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